Der Bürgermeister als 1. Instanz der Baubehörde. Ein Interessensvertreter. Aber von wem?
Stellen Sie sich vor, Ihr Nachbar, ein Bauträger, möchte eine Wohnhausanlage errichten. Hanglage. Er muss daher für die Baureife das Gelände geringfügig anpassen. Dafür möchte er eine kleine Stützmauer mit einer Höhe von 89cm zu Ihrem Grund errichten, also bis knapp unter Ihre Hüfte. Sie haben nichts dagegen, da die damit geschaffene ebene Fläche auch keiner speziellen Nutzung gewidmet wird. Daher akzeptieren Sie die Bauführung und Ihre Parteienstellung im Bauverfahren endet.
Stellen Sie sich vor, Ihr Nachbar errichtet dann in weiterer Folge statt dieser Stützmauer mit einer Höhe von 89cm eine bewehrte Erde – also eine massive Anschüttung – die fast senkrecht abgeböscht ist. Mit einer Höhe über zumindest 2,50m.
Stellen Sie sich vor, diese Fläche wird entgegen der Einreichung als Parkplatz genutzt. Vor Ihrem Schlafzimmer. Auf Grund der Höhe des Parkplatzes sind das ‚blendende‘ Aussichten für Sie.
Stellen Sie sich vor, Sie wenden sich damit an die 1. Instanz der Baubehörde – dem Bürgermeister – weil die bewehrte Erde ein Bauwerk laut Definition der Niederösterreichischen Bauordnung ist und somit eingereicht werden muss, was Ihre Parteistellung als Anrainer reaktivieren würde.
Stellen Sie sich vor, Sie bekommen einen Besprechungstermin mit dem Bürgermeister, dem Bauträger und dem Amtssachverständigen, in der der Bauträger lang und breit erklärt, warum das alles rechtens ist. Um das zu verifizieren bitten Sie den Bauträger, die Pläne einzusehen. Der Bauträger lehnt ab. Aber auch der Bürgermeister holt die Pläne nicht, wozu er berechtigt wäre.
Stellen Sie sich vor, bei dieser Besprechung zeigen Sie Fotografien von den Plänen der damaligen Einreichung, um zu zeigen, dass das nicht stimmt, was der Bauträger sagt. Und stellen Sie sich weiters vor, dass der Amtssachverständige einlenkt und ebenso behauptet, dass nicht so gebaut wurde wie eingereicht
Stellen Sie sich vor, der Bürgermeister beendet in diesem Moment die Besprechung und fordert Sie auf, eine schriftliche Eingabe zu machen.
Stellen Sie sich vor, Sie erhalten als Antwort, dass dieses Thema nicht behandelt wird, da der Bauträger zusichert, die bewehrte Erde wieder zu entfernen. Die Eingabe bei der Behörde wird also abgewiesen.
Stellen Sie sich vor, der Bauträger verkauft und übergibt in weiterer Folge die Wohnhäuser und statt dem zugesagten Abbau der massiven Anschüttung wird diese mit Löffelsteinen und einer Einfriedung ausgestaltet.
Stellen Sie sich vor, Sie wenden sich nochmals an die Baubehörde, weil Sie ja diesbezüglich eine Eingabe tätigten und Sie erfahren, dass diese Eingabe damals (wie erwähnt) abgewiesen wurde und das Verfahren mit der Fertigstellung beendet ist.
Stellen Sie sich vor, der Bauträger erklärt Ihnen, dass die Anschüttung lediglich die Wiederherstellung des gewachsenen Geländes ist und behauptet, dass ALLE anderen im Umfeld auf ihren Grundstücken das Gelände abgegraben haben(!).
Stellen Sie sich vor, dass Sie daraufhin auf eigene Kosten eine Vermessung Ihres eigenen Grundstückes veranlassen, um zu beweisen, dass diese – grundsätzlich unfassbare – Aussage nicht nur völlig absurd, sondern auch vollkommen unrichtig ist.
Stellen Sie sich vor, dass Sie wiederum die Antwort bekommen, dass Sie keine Parteienstellung haben und im Einreichverfahren die Möglichkeit hatten, Einsprüche zu erheben, das Verfahren somit abgeschlossen ist. Und das, wo Sie auf Grund der Vermessung die Info haben, dass die Wohnebenen der Nachbarhäuser um ca. 1m höher als in der Einreichung ausgeführt wurden.
Stellen Sie sich vor, dass die Baubehörde eine Überprüfung dieser Situation durchführt und ein Vertreter des Gemeinderates Ihres Vertrauens, der in dieser Sache auch sachverständig ist, trotz Bitte nicht eingeladen wird – und nicht einmal eine Antwort auf diese Anfrage bekommt.
Stellen Sie sich vor, Sie beobachten als Anrainer diesen Überprüfungstermin. Sie bekommen mit, dass eine sehr ausgelassene Stimmung zwischen allen Beteiligten herrscht und dass zur Überprüfung der kritisierten Höhenlage weder Pläne noch Messgeräte herangezogen werden.
Stellen Sie sich vor, dass der Anwalt, der Ihre Interessen vertritt (wofür es eigentlich einen Bürgermeister gäbe), plötzlich vom Bürgermeister nach 8 Jahren kostenloser Erstberatung für die BürgerInnen der Gemeinde mit diesem Service aus dem Gemeindeamt geworfen wird.
Und jetzt stellen Sie sich vor, dass sowas heutzutage tatsächlich möglich ist. Scheinbar gibt es in Österreich 10 Bauordnungen. 9 Landesgesetze und eine Bauordnung für St. Andrä – Wördern.
Ich habe folgende Fragen an die 1. Instanz der Baubehörde von St. Andrä – Wördern in Bezug zum Bauvorhaben Kernstockstraße 13:
- Mit welchem Datum erging der Baubescheid in Rechtskraft?
- Mit welchem Datum wurde der Baubeginn angezeigt?
- Mit welchem Datum wurde die Fertigstellung gemeldet?
- War Ihnen bekannt, dass Häuser bereits bezogen wurden, obwohl eine Fertigstellungsmeldung noch nicht erfolgte?
- Wurden die Fristen nach §24 NÖ BauO eingehalten?
- Falls Frage 5 verneint wird, wurde das Bauvorhaben neu eingereicht oder entsprechend allfälliger Novellierungen der Bauordnung beurteilt?
- Wann wurde seitens des Bauträgers um Verlängerung der Fristen angesucht und auf welcher Grundlage wurde das Bauvorhaben neu bewertet?
- Wie ist es möglich, dass die bewehrte Erde immer noch vorhanden ist, wenngleich die Behörde bestätigte, dass dieses Bauwerk eigentlich nicht errichtet wurde?
- In welcher Form erfolgte die Fertigstellungsmeldung und die Bekanntgabe der Änderungen hinsichtlich der genehmigten Einreichung?
- Wie wurde seitens der Baubehörde die massive Geländeveränderung beurteilt?
- Welche (statischen) Unterlagen gibt es zum Bauwerk der bewehrten Erde? Welches Ergebnis bringt die Grundbruchberechnung?
- Wurde das Versickerungskonzept so umgesetzt wie eingereicht?
- Wurden die Höhen von Gelände und Wohnebenen entsprechend der Einreichung eingehalten?
- Wie erfolgte die Ermittlung der Gebäudehöhen?
- Wird die erlaubte Gebäudehöhe eingehalten, auch wenn die nicht genehmigte bewehrte Erde entfernt wird?
- Seit ca. 2 Jahren sind Ihnen die Unstimmigkeiten bekannt. Was haben Sie im Sinne des §27 NÖ BauO dahingehend unternommen? Anmerkung: augenscheinliche Begehungen ohne geeignete Werkzeuge zählen nicht hinzu.
- Wurde die Fläche der bewehrten Erde entsprechend der aktuellen Nutzung als Parkplatz gewidmet?
- Wurden die Geländehöhen seitens der Behörde überprüft und falls ja, in welcher Form? Gibt es dazu Pläne oder Protokolle?
Ein mir wichtiger Nachsatz: bereits einmal habe ich über dieses Bauvorhaben und die Unregelmäßigkeiten berichtet. Weder damals noch heute sind die MitarbeiterInnen der (Bau-)Behörde Grund meiner Kritik. Ich habe bereits mehrfach beruflich einige Kontakte zur Behörde gehabt und werde dort immer perfekt und kompetent betreut. Aber diese MitarbeiterInnen sind weisungsgebunden. Und dort, in der obersten Hierarchiestufe, ist der Fokus meiner Kritik zu finden. Dort ist die Verantwortung.
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